Montag, 19. November 2012

Ich hab mir überlegt: Ich werde reich

Vor ein paar Monaten, als mir dämmerte, dass ich langsam älter werde, gerne in ein paar Jahren Familie hätte, aber im Zweifelsfall weder auf das Wohlwollen eines Mannes noch die Unterstützung des Staates angewiesen sein will, habe ich beschlossen, dass es nur eine vernünftige Option gibt: reich zu werden.
Als der Entschluss feststand und ich meinen Arbeitskollegen erzählte, dass ich nun reich werde, sorgte das für große Erheiterung. "Nicht in dieser Firma", da waren sich alle einig. Ich hätte in Gedanken noch hinzufügen können: nicht als Biologe. Biologen werden grundsätzlich nicht reich, außer diesem einen mysteriösen Ökologen, der von einem Scheich engagiert wurde, um Pflanzen zu finden, die man in einer sehr wasserarmen Region anbauen kann. Niemand weiß, ob es ihn wirklich gibt oder gegeben hat, aber die Mär kursiert immer wieder, wenn es darum geht, als Biologe einen Lebensstandard oberhalb der Hartz IV Grenze zu erreichen.
Ich bin in die glückliche Lage gekommen, tatsächlich direkt nach dem Studium mit meiner zweiten Bewerbung eine jener raren Stellen zu ergattern, als Biologe in einem aufstrebenden mittelgroßen Unternehmen am Arm der Welt. Ich liebe die Firma und meine Arbeit - aber heutzutage weiß man nie, wie lange man bleibt, wo man danach hinkommt oder was man als nächstes macht. Anders als beispielsweise bei Handwerksberufen wird bei Akademikern eine gewisse Reisebereitschaft vorausgesetzt. Man muss zum Job kommen, ob das nun in China ist oder in Südamerika. Mit 500km Entfernung zu meinem Studienort und 200km zu meiner Heimat hatte ich es nicht sonderlich weit. Trotzdem ist fraglich, ob ich immer hier bleiben will.
Meine Stelle war befristet und wurde verlängert, aber eine Festanstellung lässt noch bis mindestens Ende März nächsten Jahres auf sich warten. Inzwischen ist mein Freund - ebenfalls Biologe - zu mir gezogen und hat einen Aushilfsjob in meiner Firma. Er spekuliert darauf, sich selbständig zu machen, aber ein Berg von Schulden aus dem Studium wartet noch darauf, abgetragen zu werden, ebenso wie meine Bafögschulden, die zwar bei 10000€ gedeckelt sind, aber auch die zaubert man nicht mal eben so her.
Auf dem Weg zum Reich-werden gilt es also zuerst, die im Studium angehäuften Schulden aus dem Weg zu schaffen.

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